Nachhaltigkeit

3. «Greenwashing» erkennen und vermeiden

Die Toolbox für Nachhaltigkeitskommunikation gibt touristischen Leistungsträgern eine Anleitung, wie sie gegenüber ihren Gästen und Stakeholdern ihr Nachhaltigkeitsengagement transparent und authentisch kommunizieren können. Es behandelt in fünf Modulen kompakt die wichtigsten Punkte, die zu beachten sind, und inspiriert mit Good-Practice-Beispielen aus dem Tourismus.

Ein wichtiger Punkt und oft ein Hinderungsgrund in der Nachhaltigkeitskommunikation ist Greenwashing. Doch was bedeutet das genau? Wie kann es erkannt und somit vermieden werden? Dieses Modul liefert Antworten dazu.

 

Bild: Lauterbrunnen © David Birri

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Blick auf die Wasserfälle in Lauterbrunnen

Was ist «Greenwashing»?

Unter Greenwashing versteht man irreführende, intransparente oder gar falsche Aussagen zu Umweltthemen. Dies unabhängig davon, ob die Aussagen absichtlich oder unabsichtlich erfolgen. Eine Untersuchung der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2020 stufte mehr als die Hälfte aller «Green Claims» in der EU als vage, irreführend oder unbegründet ein (Environmental Claims in the EU, 2020). Dies zeigt auf, wie verbreitet die Praxis von Greenwashing aktuell ist. Deshalb braucht es sehr viel mehr Sensibilisierung zur Kommunikation des Umweltengagements.

Dieses Modul bietet Hilfestellung, wie Greenwashing in der eigenen Kommunikation identifiziert und vermieden werden kann. Dieses Wissen soll helfen, das Umweltengagement ohne Angst vor Greenwashing zu kommunizieren.

Green Claims sind umweltbezogene Behauptungen über ein Produkt oder eine Firma. Sie sind nicht nur schriftliche Erklärungen, sondern können auch durch Grafiken, Logos oder Produktmarkennamen ausgedrückt werden.

Unangemessene Kommunikation

Oft geht es bei Greenwashing um ein Missverhältnis zwischen dem konkreten Umweltengagement und der Kommunikation darüber. Dabei ist es wichtig, dass sich die Art und das Ausmass der Kommunikation an der Wirksamkeit und Relevanz der umgesetzten Umweltschutzmassnahmen ausrichtet. In den meisten Fällen wird Greenwashing durch unangemessene Kommunikation und nicht durch falsche Umweltschutzmassnahmen verursacht.

Warum sollte Greenwashing vermieden werden?

Risiken von Greenwashing

Betreibt ein Unternehmen Greenwashing, gefährdet dies den fairen Wettbewerb. Wenn Unternehmen unehrlich sind und ihre Kundschaft in die Irre führen, ist dies unlauterer Wettbewerb und kann zu Klagen führen – mit negativen Folgen für die Reputation des Unternehmens. Daher ist es für Unternehmen wichtig, die Anzeichen von Greenwashing zu erkennen und somit zu vermeiden.

© Bern Welcome
© Bern Welcome

Regulatorische Richtlinien

Momentan gibt es unterschiedliche regulatorische Vorstösse zur Bekämpfung von Greenwashing. Am bekanntesten ist die «EU Green Claims Directive» – eine von der EU erarbeitete Richtlinie gegen Greenwashing. Diese soll voraussichtlich ab 2026 in Kraft treten. Ab dann müssen alle umweltbezogenen Angaben durch transparente und klar kommunizierte Nachweise belegt werden. Ausserdem werden auf nationaler Ebene Überprüfungssysteme durch Dritte eingerichtet, in denen akzeptable Methoden für umweltbezogene Angaben festgelegt werden. Die Green Claims Directive wird sich auch auf schweizerische Unternehmen auswirken, die auf dem EU-Markt tätig sind oder mit der EU Handel betreiben. Diese Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre Umweltangaben transparent, nachweisbar und nicht irreführend sind, um den Anforderungen der Richtlinie zu entsprechen.

In der Schweiz gilt aktuell das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), welches sowohl ein Wahrheitsgebot als auch ein Irreführungs- und Täuschungsverbot vorsieht. Die Schweizerische Lauterkeitskommission (SLK) hat im Dezember 2023 eine neue Richtlinie zum Thema Werbung mit Umwelt- oder Klimabezug veröffentlicht. Die Richtlinie stellt klar, welche Anforderungen erfüllt sein müssen, wenn ein Unternehmen mit Umweltargumenten wirbt. Darin wird auch festgehalten, dass Unternehmen die Richtigkeit ihrer Werbeaussagen beweisen können müssen. Ein eigenes Gesetz oder eine Richtlinie zur Nachhaltigkeitskommunikation, analog zur Green Claims Directive in der EU, gibt es in der Schweiz noch nicht. Die Entwicklungen in der EU werden in der Schweiz aufmerksam beobachtet, sodass davon auszugehen ist, dass die Auslegung des bestehenden Rechts durch die EU-Entwicklungen beeinflusst wird. Es ist auch möglich, dass die Schweiz eigene Regelungen einführt, sobald klarer wird, in welche Richtung sich die internationale Regulierung, insbesondere die der EU, für Nachhaltigkeitsaussagen bewegt, und ausländische Gesetzgeber erste Erfahrungen gesammelt haben.

Sieben Merkmale, um Greenwashing zu erkennen

Greenwashing zu erkennen ist zum Teil gar nicht so einfach. Es gibt keine trennscharfe Definition und Greenwashing kann auf ganz unterschiedliche Art und Weise auftreten. Grundsätzlich wird von sieben Merkmalen ausgegangen, die zu Greenwashing führen können. Diese zu kennen und die eigene Kommunikation darauf zu prüfen, ist daher ein wichtiger Startpunkt.

TerraChoice, 2010

Bestimmte Umweltvorteile werden betont, während andere, bedeutendere Umweltauswirkungen ignoriert werden.

Beispiel

Ein Hotel wirbt damit, umweltfreundlich zu sein, weil es energieeffiziente Glühbirnen verwendet, verschweigt jedoch seinen hohen Wasserverbrauch oder fehlende Abfallentsorgungspraktiken.

Für Umweltbehauptungen gibt es keine glaubwürdigen Beweise oder Zertifizierungen, die die Aussage unterstützen.

Beispiel

Ein Reisebüro behauptet, dass seine Touren nur einen minimalen ökologischen Fussabdruck haben, bietet jedoch keine Beweise oder Zertifizierungen, um diese Behauptung zu stützen.

Es wird vage Sprache verwendet, die an Genauigkeit mangelt und die Umweltbehauptungen im Wesentlichen bedeutungslos macht.

Beispiel

Ein Restaurant bewirbt sein Menü mit «wo immer möglich werden saisonale und lokale Produkte verwendet», ohne anzugeben, welche konkreten Zutaten saisonal sind oder aus welchem geografischen Radius die lokalen Produkte stammen.

Tritt auf, wenn Umweltbehauptungen, obwohl möglicherweise wahr, letztlich unbedeutend oder nicht mit den tatsächlichen Umweltauswirkungen des Produkts oder des Unternehmens zusammenhängen.

Beispiel

Eine Airline wirbt für ihr Recyclingprogramm an Bord, das zwar vorteilhaft ist, aber die erheblichen Umweltauswirkungen des Flugverkehrs selbst nicht berücksichtigt.

Es besteht darin, ein Produkt als umweltfreundlicher darzustellen, wenn alle Optionen gleichermassen schädlich sind.

Beispiel

Eine Kreuzfahrtlinie vermarktet sich als nachhaltige Reiseoption im Vergleich zum Luftverkehr, obwohl beide Branchen erheblich zur Umweltverschmutzung beitragen.

Es werden offensichtlich falsche Behauptungen über Umweltvorteile aufgestellt.

Beispiel

Ein Reiseveranstalter behauptet, dass seine Wildtier-Touren keine negativen Auswirkungen auf lokale Ökosysteme haben, obwohl Beweise für Störungen des Lebensraums und Störungen der Tierwelt vorliegen.

Der Eindruck einer Drittanbieter-Unterstützung oder Zertifizierung wird erweckt, auch wenn keine vorhanden ist.

Beispiel

Ein Hotel zeigt ein Logo, das einer bekannten Umweltzertifizierung ähnelt, und erweckt den Eindruck einer solchen Zertifizierung, obwohl keine vorliegt.

Checkliste: Wie kann Greenwashing vermieden werden?

Zur Vermeidung von Greenwashing gehören Transparenz, Authentizität und Verantwortlichkeit bei Umweltaussagen. Folgende zehn Strategien helfen dabei, Greenwashing zu vermeiden:

1. Beweise liefern

Untermauern von Umweltaussagen mit überprüfbaren Beweisen, z.B. Zertifizierungen von anerkannten dritten Organisationen oder transparente Fakten zum Umweltengagement der Unternehmung.

2. Präzise sein

Die Umweltvorteile von Produkten oder Dienstleistungen klar darlegen und vage oder allgemeine Aussagen vermeiden, die die Gäste in die Irre führen könnten.

3. Übertreibungen vermeiden

Auf übertriebene oder unbegründete Behauptungen über Umweltvorteile verzichten. In Bezug auf die Grenzen und Herausforderungen von Nachhaltigkeitsbemühungen ehrlich kommunizieren.

4. Gäste informieren

Informationen bereitstellen, die den Gästen helfen, die Umweltauswirkungen von Produkten und Dienstleistungen zu verstehen, damit sie fundierte Entscheidungen treffen können.

5. Realistische Ziele setzen

Erreichbare Nachhaltigkeitsziele festlegen und die Fortschritte auf transparente Weise kommunizieren. Greenwashing in Form von unrealistischen Behauptungen oder unerreichbaren Zielsetzungen vermeiden.

6. Von Dritten überprüfen lassen

Zertifizierungen von seriösen Drittorganisationen, um Umweltaussagen zu bestätigen und das Engagement für Nachhaltigkeit zu belegen. Es gibt bereits eine grosse Auswahl an Zertifizierungen: Zertifizierungen, die beim Nachhaltigkeitsprogramm Swisstainable auf Level III – leading anerkannt sind, können dabei als Inspiration dienen (Übersicht Nachhaltigkeitsnachweise). Der Erfahrungsaustausch mit Betrieben, welche eine Zertifizierung bereits durchlaufen haben, kann helfen.

7. Kontinuierliche Verbesserung anstreben

Kontinuierliche Bewertung und Verbesserung der Umweltleistung, indem das Feedback von Interessengruppen einbezogen und bewährte Verfahren im Bereich der Nachhaltigkeit umgesetzt werden. Dafür ist es wichtig, dass die Ausgangslage definiert und Fortschritte entsprechend messbar sind. Dafür gibt es bereits gute und niederschwellige Tools, zum Beispiel die Hotel Carbon Measurement Initiative von der Sustainable Hospitality Alliance.

8. Stakeholder einbeziehen

Gemeinsam mehr erreichen und Stakeholder (z.B. Gäste, Mitarbeitende, Lieferant:innen und Gemeinden) in die Nachhaltigkeitsinitiativen und Entscheidungsprozesse mit einbeziehen. Dies erhöht auch die Glaubwürdigkeit der eigenen Nachhaltigkeitsmassnahmen.

9. Bei Herausforderungen transparent sein

Herausforderungen und Verbesserungsmöglichkeiten offen eingestehen und somit das Engagement für einen ehrlichen Umgang mit Nachhaltigkeitsthemen aufzeigen.

10. Verantwortung übernehmen

Verantwortung für die Umweltauswirkungen übernehmen und mittels Verpflichtungen diese durch konkrete Massnahmen und messbare Fortschritte beseitigen.

Ist das schon Greenwashing?

Ob eine Marke, eine Publikation, eine Kampagne oder ein beliebiges Kommunikationsmittel als Greenwashing gilt, ist abhängig von konkreten Umweltschutzmassnahmen und der Kommunikation dazu. Greenwashing wird in den meisten Fällen durch eine unpassende Kommunikation verursacht und nicht durch falsche Umweltschutzmassnahmen. Die Kommunikation muss sich deshalb an der Wirksamkeit und Relevanz einer Umweltschutzmassnahmen ausrichten. Dieser Schnelltest ermöglicht eine erste Einschätzung der Kommunikation.

Weitere Module

  • explore

    1. Gründe für die Nachhaltigkeitskommunikation

  • groups

    2. Zielgruppen der Nachhaltigkeitskommunikation

  • auto_stories

    4. Storytelling als Mittel zur authentischen Kommunikation

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    5. Kommunikationsmöglichkeiten entlang der Customer Journey

    Zum Modul

Die Inhalte der Toolbox werden fortlaufend bis Herbst 2024 ausgearbeitet und veröffentlicht.

Nachhaltigkeit

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Porträtfoto von Lisa Arnet, Projektmanagerin Nachhaltigkeit

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