Tourismuspolitik
Raumplanungsgesetz. Teilrevision. 2. Etappe
Das Raumplanungsgesetz (RPG) bildet das zentrale Steuerungsinstrument des Bundes, um den steigenden Bedarf an Wohnraum, Infrastruktur und die Entwicklung der Regionen mit dem Schutz der Landschaft und Umwelt in Einklang zu bringen. Das Parlament hat die zweite Etappe der Revision des RPG in der vergangenen Herbstsession zu Ende beraten. Kern der Vorlage ist die Trennung zwischen Baugebiet und Nicht-Baugebiet und die Stabilisierung der Gebäude im Nicht-Baugebiet. Der STV hat sich im Parlament für eine tourismusfreundliche Ausgestaltung der Revision eingesetzt.
Im Jahr 2018 überreichte der Bundesrat den eidgenössischen Räten und deren zuständigen Kommissionen die Botschaft zur zweiten Phase der Teilrevision des Raumplanungsgesetzes (RPG 2). Diese befasste sich mit der Thematik des Bauens ausserhalb der Bauzone. Während der Beratung wurde die Volksinitiative «Gegen die Verbauung unserer Landschaft (Landschaftsinitiative)» eingereicht. Die Kernpunkte der Initiative zielen darauf ab, den Grundsatz der Trennung von Baugebiet und Nicht-Baugebiet in der Verfassung zu verankern und die Anzahl Gebäude ausserhalb der dafür vorgesehenen Bauzonen einzufrieren. Infolgedessen überarbeitete die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerats (UREK-S) die Vorlage des Bundesrates und fügte Elemente ein, die die zentralen Anliegen der Landschaftsinitiative berücksichtigten. Der Ständerat folgte der Kommission und erklärte die überarbeite Vorlage zum indirekten Gegenvorschlag.
Die Vorlage wurde in beiden Räten rege diskutiert, bevor sie in der Herbstsession 2023 zu Ende beraten werden konnte. Der STV ist erfreut darüber, dass das Parlament die Anliegen des Tourismus weitgehend berücksichtigte und damit einen guten Kompromiss zwischen Schutz- und Nutzeninteressen geschaffen hat. Die Initianten der Landschaftsinitiative zogen nach der Annahme des indirekten Gegenvorschlags die Initiative bedingt zurück.
Raumplanung und Tourismus – ein komplexes Spannungsfeld
Die Bedeutung des Raumplanungsgesetzes für den Tourismus, insbesondere für den Bergtourismus, ist sehr gross. Der Tourismussektor lebt von intakten Landschaftsbildern, weshalb es in seinem eigenen Interesse liegt, diese zu schützen und zu bewahren. Die Landschaftsinitiative ging jedoch zu weit. Durch die Forderung nach neuen, restriktiven Massnahmen zur Begrenzung von Bauaktivitäten ausserhalb der Bauzonen wären neue Hindernisse für den Tourismussektor geschaffen worden. Diese hätten die Entwicklung von touristischer Infrastruktur, wie Skigebieten oder Ferienanlagen in den Bergregionen, verhindert. So liegen Seil- und Bergbahnbetriebe in 90% der Fälle ausserhalb der Bauzonen und zahlreiche altrechtliche Hotels werden ausserhalb der Bauzone betrieben. Die Weiterentwicklung des Tourismussektors bedarf günstige raumplanerische Rahmenbedingungen, um neuen Herausforderungen und Bedürfnissen gerecht zu werden. Die Positionierung des Tourismussektors in der Raumplanung erfolgt daher in einem komplexen Spannungsfeld.
Die Erfolge des STV für den Tourismussektor im Rahmen der Beratungen zu RPG2
Ausnahme für touristische Bauten beim Stabilisierungsziel der Bodenversiegelung
In ihrem Gegenvorschlag erarbeitete die UREK-S ein Ziel zur Stabilisierung der Anzahl Gebäude und der versiegelten Fläche im Nicht-Baugebiet. Der STV unterstützte dieses Stabilisierungsziel in Bezug auf die Anzahl der Gebäude im Nicht-Baugebiet. Allerdings ging die UREK-S über die Forderungen der Landschaftsinitiative hinaus, indem sie auch die Stabilisierung der Bodenversiegelung einbezog.Für den Tourismussektors stellte dieser Zusatz eine Herausforderung dar. Die Formulierung der UREK-S hätte möglicherweise alle nicht-landwirtschaftlichen und für den Tourismus relevanten Infrastrukturen, wie Strassen, Parkplätze, Lagerflächen und Flugpisten, eingeschränkt. Und dadurch die wirtschaftliche Entwicklung, insbesondere in den vom Tourismus abhängigen Bergregionen, beeinträchtigt. Der Tourismussektor funktioniert als eine integrierte Wertschöpfungskette. Wenn einzelne Teile in ihrer Entwicklung gehemmt werden, hat dies negative Auswirkungen auf den gesamten Sektor. In enger Zusammenarbeit mit seinen Kernmitgliedern konnte der STV die Anliegen des Tourismussektors erfolgreich einbringen. Touristische Aktivitäten sind nun von den Massnahmen zur Stabilisierung der Bodenversiegelung ausgenommen.
Mehr Kompetenzen für Kantone
Die vom Parlament angenommene Vorlage räumt den Kantonen mehr Kompetenzen ein und die Gleichbehandlung zwischen den Kantonen ist gewährleistet. Den Kantonen wird neu ermöglicht bei Bedarf spezielle Zonen ausserhalb der Bauzonen vorzusehen, in denen nicht standortgebundene Nutzungen zulässig sind. Nebst dem Schutzaspekt, kann somit die wirtschaftliche Entwicklung der betroffenen Gebiete gewährleistet werden. Für den Tourismus ist dies hinsichtlich Bergbahnen, Bike-Pärken und weiteren touristischen Aktivitäten eine wichtige Änderung. Der Nationalrat schlug vor, diese Regelung zunächst nur auf Berggebiete zu beschränken. Dies hätte jedoch zu Ungerechtigkeiten geführt, da nicht allen Kantonen die gleiche Flexibilität zur Verfügung gestanden wäre, um regionale und kantonale Lösungsansätze zu entwickeln. Aus diesem Grund hat sich der STV dafür eingesetzt, dass die Regelung in der gesamten Schweiz Anwendung findet, und freut sich darüber, dass beide Räte zur selben Schlussfolgerung gelangt sind.Die Relevanz der kantonalen Kompetenzen lässt sich an zahlreichen Beispielen veranschaulichen. So gibt es etwa in der Region Lavaux (Kanton Waadt) ungenutzte Häuschen (Capites) in den Weinbergen, die ursprünglich zur Lagerung von Werkzeugen dienten. Winzer wollten die Capites für touristische Zwecke umzunutzen, indem sie Wein und Aperitifs anboten. Allerdings verunmöglichten die komplexen gesetzlichen Regelungen dieses Unterfangen. Um die Capites entsprechend nutzen zu dürfen, wären bauliche Anpassungen erforderlich gewesen. Das wiederum setzte eine kantonale Bewilligung voraus. Weil die Capites jedoch ausserhalb der Bauzone liegen, waren dem Kanton Waadt die Hände gebunden, da Weintourismus nicht als landwirtschaftliche Tätigkeit zählt.
Die Situation hat sich nun mit der Verabschiedung des revidierten Raumplanungsgesetzes in der Herbstsession 2023 geändert. Unter diesem Gesetz können Kantone ausserhalb der Bauzone spezielle Zonen einrichten, in denen von den strengen Vorschriften abgewichen werden kann. Dies eröffnet die Möglichkeit, ungenutzte Gebäude wie die Capites für den Tourismus umzunutzen. Diese neue Regelung ermöglicht viele weitere touristische Nutzungen. Auch Restaurants oder Unterkünfte können aus ungenützten Gebäuden entstehen, wenn sie in den Spezialzonen liegen, in welchen der Tourismus gefördert werden soll. Die verbaute Fläche muss dann jedoch anderswo kompensiert werden. Diese Kompensation kann beispielsweise durch den Abbruch nicht mehr benötigter Ställe und Scheunen erfolgen.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es dem STV gelungen ist, für den Tourismus zentrale Bestimmungen entscheidend zu verbessern. Der STV hat dafür intensiv im Parlament lobbyiert und konnte auf die Unterstützung seiner Kernmitglieder und den Mitgliedern der Parlamentarischen Gruppe Tourismus zählen. Die Teilrevision des RPG ist ein gutes Beispiel dafür, wie im Parlament durch ein gezieltes Lobbying tourismusfreundliche Ergebnisse erzielt werden können.
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Samuel Huber
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